29.April 2016 3. Tag (Teil 2)
Nachdem das Auto abgegeben war düsten wir sofort mit der U-Bahn quer durch London bis zu den Hells Angels. Nee, nur bis Angel, so heißt die Station. Wir waren schon mächtig unter Zeitdruck, denn auf den Tix und im Netz stand Beginn 6:00pm . Pünktlich reihten wir uns in die Warteschlange ein. Bei der Taschenkontrolle gab es dann ein paar Diskussionen wegen Nankerings Kamera. Mit dem Versprechen, sie nicht zu nutzen, wurde ein Kompromiss gefunden.
Einige Erläuterungen zwischendurch. Wir steckten bereits in der Tourplanung da entdeckte Nankering den Termin für diesen Gig. Der passte natürlich hervorragend, vor allem weil mit Bernard Fowler jemand aus dem Stonesumfeld mit auf der Bühne stehen sollte.
Er und Earl Slick hatten sich das Bowie -Album "Station To Station" vorgenommen. Earls Gitarre hört man auf dieser Scheibe. Der Anlass für diese UK-Tour inkl.Gig in London war sicher das 40.Jubiläum vom Erscheinen der LP. Als ich Ende Dezember 2015 die Tix für das Konzert bestellte, wußte noch niemand, dass David Bowie nur wenige Tage später starb. Somit wurde die Tour (leider ) zu einer Art Tribut-Tour.
Im Inneren der O2 Academy Islington führte der Weg an einem Tisch mit CDs und Merchandising der Künstler vorbei. Im Vorbeigehen hörte ich, daß nach dem Gig signiert wird. Vorsichtshalber vergewisserte ich mich noch einmal, daß es wirklich so ist, denn sowohl Nankering als auch ich waren auf diesen Part vorbereitet .
Im Saal war es noch recht leer, was sich im Laufe des Abends gründlich ändern sollte. 3 bis 4 Reihen trennten uns von der Bühne. Es war also gut zeitig da zu sein. Bevor es losging entdeckte Nankering hinter uns einen Typen: "Der sieht auf den ersten Blick fast wie Ronnie (Wood) aus.." Dem konnte ich nur zustimmen, nichtsahnend, daß wir ihn an dem Abend noch einmal sehen sollten....
Tatsächlich ging es 18 Uhr los. Die erste Vorband würde ich etwa in Richtung Rock / Punkrock einordnen. Die Truppe kam in unseren Urteilen ganz gut weg. Die Sängerin hatte mehr als so ein 08/15 - Stimmchen, das könnte mal was werden... Danach trat Lisa Ronson auf.Wie sich später herausstellte, war sie auch die Backroundsängerin des Headliners . Schaufensterpuppe an das Keyboard gestellt, Band eingeschaltet und los ging es im Halbplayback. Ich dachte ich wäre bei "Deutschland London sucht den Superstar". Die Gute mit dem Ziggy Sturdust - Blitz auf der Wange wollte wohl in Richtung Bowie performen und sah sich wahrscheinlich als Gesamtkunstwerk. Unseren Geschmack hat der sehr pathetische Auftritt nicht getroffen. Sie bekam aber durchaus Beifall.Vielleicht sind wir auch bloß noch nicht reif für die Londoner Kunstszene.
Die heiße Phase wurde von Ariengeschmetter, das schon etwas die Hörnerven strapazierte, eingeleitet. Nach diesem Intro brandete der Applaus auf und die Bühne füllte sich. Ja und da war er wieder der Typ, der "Ron Wood - Verschnitt" - Earl Slick himself...
Nachdem Bernard ein paar einleitende Sätze um David B. sagte und er einen Gruß gen Himmel richtete powerte die Band los. Nach dem Gig waren wir uns alle in einem Punkt einig: Bernard Fowler ist vieeeel zu gut um nur den Backround-Sänger bei den Stones zu geben!!! Ich hatte ihn schon einmal als Hauptact mit einer Stones-Coverband erlebt und sah mich nur bestätigt. Tolle Stimme und Bühnenpräsenz. Beim letzten Titel des Abends glaubte man mit geschlossenen Augen Bowie selbst stünde auf der Bühne!!
Vom ersten Ton an war die Stimmung im ausverkauften Saal phänomenal, was sicher auch die Musiker beflügelte. Es wurde das komplette "Station To Station"-Album gespielt. Anschließend brachten die Rodies Barhocker auf die Bühne und Earl Slick und Co. tauschten die elektrischen - mit den Akustik-Gitarren. Der Sänger erkundigte sich ob das Publikum Blues mag und legte mit der Südstaaten - Musi los, daß es nur so eine Freude war. Phantastisch!!!!
Nach dem Ausflug auf die Baumwollfelder verabschiedete sich die bejubelte Band. Natürlich gab es noch eine Zugabe. Ich sage nur Gänsehaut pur!!!! Wohl jeder im Saal hatte den Zeigefinger in Richtung Davids Wolke ausgestreckt und sang bei der XXL- Fassung von "Heroes" mit. Da wir vermutlich die einzigen Deutschen bei dem Konzert waren, übernahm ich den Part der deutschen Version "Helden" und schmetterte: ".... Dann sind wir Helden für diesen Tag".
Fast vergessen, Earl Slick war nicht der Einzige Musiker, von der Orginalbesetzung der Platte, den wir an diesem Abend erleben durften. Für einen Song stand auch der damalige Backroundsänger Warren Peace mit auf der Bühne. Eigentlich hat jeder der Akteure einschließlich der "Supporterin" Lisa Ronson , die gleiche Würdigung für dieses wirklich außergewöhnliche Konzert verdient, trotzdem möchte ich noch einenMusiker besonders erwähnen . Terry Edwards, der Musical Director. Er sieht eher wie der Liebling aller Schwiegermütter als ein Rocker aus. Doch er war das beste Beispiel, wie man sich täuschen kann, wenn man sich von Äußerlichkeiten leiten läßt. Keyboards,Percussion und Gitarre , dazu Saxophone - Parts vom Allerfeinsten ! Der hat uns vier voll überzeugt.
Nach dem Gig hieß es zügig zum Merchandising-Stand zu kommen. Als nach nur wenigen Minuten Bernard dort auftauchte, war Nankering in der Pole - Position und erhielt das erste Autogramm des Abends. Kurz darauf bekam auch ich meine Kringel von ihm. Er fragte nach meinem Namen und benutzte ihn für das Autogramm mit persönlicher Widmung in seinem Soloalbum "The Bura". Außerdem hatte ich noch ein Foto von seinem Gig in Halle dabei, auf dem wir beide zu sehen sind. Als er es sah müßte er lachen. Ich meinte zu ihm, daß es vor 6 Jahren in Deutschland entstanden ist und er meinte " das wäre meine nächste Frage gewesen". Auch das signierte er. Dann gab er mir die Hand und einen Klaps auf den Arm in der Art wie "Hey Brother..." Allein die kleine Geste (die ich ähnlich schon in Zürich 2014 so erlebt habe) zeigt, dass er ein netter Typ ist. Inzwischen war auch Earl Slick eingetroffen. Meine "Station To Station"-CD wurde von ihm ebenfalls mit meinem Namen signiert. Außerdem hatte Nankering noch etwas ganz Anderes recherchiert. Slick spielte auch auf Lennons letztem Album "Double Fantasy" Gitarre. Also haben Ingmar und ich unsere Cover von dieser LP mit nach London "geschleppt". Vermutlich wird es nicht viele Cover der ostdeutschen AMIGA -Pressung geben, die mit einem Kringel von einem der Beteiligten Musiker unterschrieben sind. Ich weiß nur von zweien, eins in Schwerin und eins in L.E. .
Wir hatten im Vorfeld gerätselt ob Slick auch auf John Lennons "Shaved Fish " mitgewirkt hat. Verläßliche Angaben waren nicht zu finden. Und dann hatte ich einen Blackout. Ich hätte ihn bloß danach fragen brauchen. Und habe diese Chance verpasst . Aber vielleicht lag es auch nur am niedrigen Blutzuckerspiegel. Der hatte mir gegen Ende des Konzerts schon etwas zugesetzt. Seit der Kleinigkeit am Morgen auf der Fahrt nach Cheltenham war der Magen leer geblieben und körperlich war man tagsüber schon gefordert...
Bevor wir dann direkt gegenüber beim Italiener einkehrten bin ich noch einmal losgedüst. Der Gedanke war einfach, daß es doch schön wäre die Kringel der beiden Protagonisten gemeinsam auf einem Teil zu haben. Die zieren jetzt meine Eintrittskarte.
Fazit: Für mich war es ein außergewöhnliches Konzert und für sich gesehen schon die Fahrt nach London wert!
Mit gefüllten Mägen ging es ziemlich knülle mit der Tube wieder nach Bayswater. Noch einen kleinen Absacker um wieder runter zu kommen und dann