1985 - Mick Jagger / She´s The Boss

  • Mick Jagger She's The Boss





    Lonely at the Top (3:45)
    1/2 a Loaf (4:58)
    Running Out of Luck (4:15)
    Turn the Girl Loose (3:52)
    Hard Woman (4:23)
    Just Another Night (5:13)
    Lucky in Love (6:13)
    Secrets (5:01)
    She's the Boss (5:14)



    she's the boss - album credits


    Eddie Martinez, Guitar
    Lenny Pickett, Saxophone
    Robert Sabino, Synthesizer, Piano, Keyboards
    Robbie Shakespeare,Bass
    G.E. Smith, Guitar
    Fonzi Thornton, Vocals, Vocals (Background)
    Ron Magness, Synthesizer
    Tony Thompson, Drums
    Bernard Edwards, Bass, Guitar (Bass)
    Nile Rodgers, Guitar, Producer
    John "Rabbit" Bundrick, Synthesizer
    Ray Cooper, Percussion
    Aiyb Dieng,Shaker
    Sly Dunbar, Drums
    Steve Ferrone,Drums
    Anton Fier,Percussion
    Anton Fig,Drums
    Guy Fletcher, Synthesizer
    Bernard Fowler, Vocals, Vocals (Background)
    Colin Hodgkinson, Bass
    Chuck Leavell, Organ
    Wally Badarou,Synthesizer
    Michael Shrieve, Drums
    Daniel Ponce, Percussion, Bata
    Jeff Beck, Guitar
    Mick Jagger,Vocals, Vocals (Background), Main Performer, Producer
    Pete Townshend,Guitar
    Jan Hammer, Piano
    Herbie Hancock, Organ, Synthesizer
    Bill Laswell, Synthesizer, Producer, Bass


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    :stonestongue

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  • Die Ankündigung des ersten Solo-Albums von Mick Jagger sorgte unter den Fans der Rolling Stones zunächst einmal für einige Verunsicherung – wie würde es mit den Stones weitergehen, würde es denn überhaupt weitergehen oder wurden wir nun Zeugen des Auseinanderbrechens der Truppe? Würde Jagger die Stones platzen lassen? Zugleich war man natürlich auch sehr gespannt, wie das Album wohl klingen würde.


    Jagger´s Solo-Erstling wurde auf den Bahamas aufgenommen und von Jagger zusammen mit Bill Laswell und Nile Rodgers co-produziert. Beide zählten damals zu den angesagtesten Produzenten und damit ist die musikalische Richtung schon vorgegeben: ein modern klingendes Album schwebte Jagger vor, ein Album, das mit dem stones-typischen Sound so wenig wie möglich zu tun haben sollte.



    LONELY AT THE TOP ist eine scharfe Eröffnungsnummer, die durchaus ihre Qualitäten hat. Es handelt sich dabei um die Verwertung eines Jagger/Richards-Songs, der es nie auf ein Stones-Album geschafft hatte. Mit der Stones-Version, welche im Archiv landete und nur auf inoffiziellen Tonträgern kursiert, hat Jaggers Solo-Version allerdings nicht mehr viel gemein. Druckvoller Power-Pop, wie er in den 80er Jahren modern war, auch heute noch griffig und von mir immer wieder gern gehört. Würden die restlichen Stones hier mitspielen, wäre der Song vermutlich ein echtes Juwel. Jagger singt ungeheuer kraftvoll, Schlagzeug und Gitarren knallen fast in Stones-Manier. Dazu legt Jeff Beck ein Solo hin, welches wohl weder Keith noch Ronnie mit derartig technischer Brillanz zuwege gebracht hätten. Ein knackig-funkiger Einstieg ins Album.


    ½ A LOAF
    Weiter geht´s in etwas langsamerer Gangart mit vielen Keyboard-Sounds und im Hintergrund effektvoll zäh gespielten Gitarren. Der Song hat eine jagger-typische Bridge mit Ohrwurmqualität.
    Ganz gut, aber kein wirklicher Hammer.


    RUNNING OUT OF LUCK
    Kommt erneut mit viel Keyboard-Geklingel und 80er-Jahre Studio-Sound-Effekten. Ein Dancefloor-Track, der nicht im Ohr hängen bleibt. Ich kann eher wenig damit anfangen. Jagger bläst hier auch ein bißchen auf der Harmonika, was aber auch nicht so ganz zum ultra-modernen Sound passen will.


    TURN THE GIRL LOOSE
    Ziemlich funkig und eine der besten Nummern des Albums, aber auch hier wieder reichlich Keyboards und Synthesizer. Jagger selbst ist hier (wie eigentlich auf allen Songs) groß in Fahrt.


    HARD WOMAN
    Auf dem letzten Stones-Album UNDERCOVER gab es keine Ballade zu hören. Hier kann Mick beweisen, dass er es nicht verlernt hat. Eine schöne und anrührende Nummer, die sich auch auf jedem Stones-Album gut behaupten hätte können.


    JUST ANOTHER NIGHT
    Ein enorm ins Ohr gehendes Stück Power-Pop, war damals gleich mein Favorit auf der Platte. Die Nummer hatte damals auch ziemliches Power-Play im Radio und wurde eine Zeitlang rauf und runer gespielt. Jeff Beck darf erneut glänzen, diesmal mit einem spanisch angehauchten Solo auf der Akustik-Gitarre.


    LUCKY IN LOVE
    Läuft ganz nach dem Schema von ½ A LOAF und TURN THE GIRL LOOSE, wabernde Keyboards überall, dazwischen technisch brillante Gitarren-Einwürfe. Hart gespielter Rhythmus, der Refrain will sich unbedingt im Ohr festsetzen. Ultra-slick produziert aber trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen wird´s langsam etwas langweilig...


    SECRETS
    Co-produziert von Nile Rodgers hört sich der schnelle Track an, als käme er direkt von David Bowies zwei Jahre früher entstandener LP Let´s Dance. Kein Wunder, denn auch Bowie ließ von Rodgers produzieren und dessen Handschrift ist hier unverkennbar. Ein guter Song, den ich lange etwas unterschätzt habe.


    SHE´S THE BOSS
    Geht nicht ins Ohr, hat kaum Melodie, der uninteressanteste Song auf dem Album. Jagger rechnet hier mit rap-ähnlichem Gesang mit seinem Macho-Image ab – insofern ein vielleicht unerwarteter Anflug von Selbst-Ironie, musikalisch aber gibt der Song nicht viel her.



    Was sagt der Stones-Fan zu dieser Platte? Wenn man die „Stones-Brille“ aufbehält, wird man mit dem Album unter Umständen nicht sonderlich viel anfangen können, hier gibt es keinen knorrigen Stones-Rock. Jagger wollte aber wohl auch nicht in erster Linie die Stones-Fans beglücken (die kauften eh ohnehin), sondern Käufer ansprechen, denen am damals aktuellen Sound gelegen war. Wem der doch arg keyboard-lastige 80er-Jahre-Sound gefällt, kriegt hier eine clever und effektvoll inszenierte und produzierte Platte, eingespielt von lauter Studio-Cracks, die ihr Handwerk in technischer Hinsicht weitaus besser beherrschen mögen als die Stones selbst. Hier liegt aber auch das Problem der Platte: technisch brillant gespielt und produziert, aber letztlich fehlt die Frische und die Lebendigkeit einer Stones-Platte. Zu aalglatt produziert und zu verliebt in damals angesagte Studio-Sound-Effekte, um dem eingefleischten Stones-Fan wirklich gefallen zu können.

  • Teil 2:


    Jagger sind ein paar wirklich gute Songs einfallen, seine Form ist beeindruckend und außer Diskussion – aber leider klingt das Produkt so, wie damals eigentlich alles geklungen hat, was in die Charts wollte. Jeder Song wird von Synthies zugewabert, alles klingt irgendwo nach Miami-Vice-Soundtrack. Unterm Strich perfekt in Szene gesetzt, aber letztlich irgendwie unpersönlicher Mainstream-Power-Pop. Wären die Bänder mit Jaggers Gesang irgendwie verloren gegangen, hätte man auch Tina Turner zu den Instrumental-Tracks singen lassen können, ohne dass es groß aufgefallen wäre. Mir gefallen LONELY AT THE TOP, TURN THE GIRL LOOSE, HARD WOMAN, JUST ANOTHER NIGHT und SECRETS noch am besten.


    Eine Platte, die durchaus auch für den Stones-Freund ihre Reize haben kann, sofern er sich nicht am Miami-Vice-Sound stört. Meine Erfahrung zeigt, dass gerade Leuten, die an sich keine besonders großen Stones-Fans sind, diese Platte sehr gut gefallen kann. Und das war wohl auch Jagger´s Ziel: aus dem Korsett der Stones auszubrechen, modern zu klingen und ein möglichst großes Publikum auch jenseits der Stones-Fans zu erreichen.