Beiträge von Dirty Worker

    Habe damals die Live-Übertragung im TV gesehen... hat mich ziemlich beeindruckt damals. Das Konzert lief aber nicht ganz ohne technische Pannen (S. O´Connor war nicht oder fast nicht zu hören und ähnliche Dinge). Manche Musiker waren einfach schrecklich: Die Rauschebärte von The Band im Speziellen brachten keinen geraden Ton heraus, haben soweit ich mich erinnere, sogar die Einsätze und Strophen durcheinandergebracht, wirkten sternhagelvoll, Waters war stimmlich auch ziemlich mies. Naja, heuer bei Live 8 war er noch mieser.


    Was da jetzt ab und zu im TV gezeigt wird, ist freilich die zurechtgefönte Version, die´s auch auf DVD/CD/LP gibt: Teils nachträglich neu aufgenommen bzw. wurden Aufnahmen von den Proben verwendet.


    Das Original von PF ist natürlich um Klassen besser. (Gibt´s auch in einer Live-Version von 80/81er Tournee)


    Die Gitarristen beim Berlin-Konzert sind Rick DiFonzo, Andy Fairwater-Low (der teils auch Bass spielt) u. Snowy White.


    Im grünen Kleid ist Ute Lemper.

    Auch eine schöne Setlist. Was ist Night Time, eine Cover-Version?
    Ansonsten irgendwie doch schade, dass so wenig neue Titel gespielt werden.
    ABB ist ein Album, wo man sich live einmal nicht denken würde: „Ja, ganz nett, aber jetzt spielt lieber wieder was altes“.


    ... aber bei den vielen Hits (die zu einem Stones-Konzert nun mal einfach dazugehören) bleibt wohl nicht so viel Zeit fürs neue Material, sonst würden die Stones wohl Konzerte von drei-vier Stunden Dauer geben müssen.

    VOODOO LOUNGE


    Die Stones beweisen, dass ihnen der Abgang von Bill Wyman nichts anhaben konnte. Mit den ersten drei Songs hat die Platte einen mörderisch guten Start, danach wird's eher ruhiger, insgesamt gesehen vielleicht ein bisschen zu ruhig. VL ist meiner Meinung nach besser als BTB und STEEL WHEELS, kann aber mit vielen der älteren Platten nicht so ganz mithalten. Vor allem die Balladen berühren mich emotional diesmal nicht sonderlich. Dennoch ein ganz beachtliches Lebenszeichen der Band. Es gibt auffallend viel Slide- und Steel-Gitarren, einen sehr guten Charlie Watts und keine Experimente, eher eine musikalische Rückbesinnung. Stilistisch ist die Platte sehr vielfältig, fast jeder Song bringt einen abrupten Wechsel der Stimmung, wodurch die Platte für mich anfangs etwas „zerrissen“ wirkte.


    LOVE IS STRONG
    zählt für mich zu den fünf besten Songs der letzten zwanzig Jahre, geradezu düster-bedrohliche Atmosphäre, dazu Jaggers Mundharmonika und sein fast beschwörender Gesang – ein toller Start für die Platte.


    YOU GOT ME ROCKING
    Hier lassen sie es ordentlich krachen, ein rauher zügelloser Song, der das Zeug zum Klassiker hat.


    SPARKS WILL FLY
    Das Tempo wird nochmals gesteigert, diesmal aber geben sie sich nicht so wild wie bei YGMR, sondern liefern einen schnellen, straigthen und dabei sehr melodiösen Rock-Song ab.


    THE WORST
    Erster Auftritt von Keith am Mikro: Wieder eine seiner staubigen Balladen mit Country-Einfluss, schön gemachte Nummer, mit solchen Songs kann Keith immer überzeugen.

    NEW FACES
    Die Nummer klingt für mich eher nach einem WANDERING SPIRIT-Überbleibsel als nach einem richtigen Stones-Song. Jagger bemüht sich ausgesprochen „schön“ zu singen – dennoch halte ich THE WORST für die bessere Ballade.


    MOON IS UP
    Mitreissende Schlagzeugarbeit von Charlie, Mick beweist wieder mal seine stimmliche Wandlungsfähigkeit, ein toller Song, wenn auch zunächst vielleicht ein wenig ungewohnt.


    OUT OF TEARS
    Ziemlich lange Ballade mit einigen Abwechslungen, hat ein tolles Klavier zu bieten und ist sehr, sehr melodiös, ein bisschen zu glatt vielleicht, für mich eher eine gute Durchschnittsnummer. Insgesamt tragen die Stones hier ein bisschen zu dick auf.


    I GO WILD
    Wieder ein typischer Stones-Knaller, der letzte übrigens für den Rest des Albums. Songs dieser Art verfehlen natürlich nie ihre Wirkung. Hier beweisen die Stones wieder nachdrücklich ihre alten Rabauken-Qualitäten.


    BRAND NEW CAR
    Erinnert an MOON IS UP, ist aber der deutlich bessere Song. Einer meiner Lieblingstitel auf dem Album.


    SWEETHEARTS TOGETHER
    In Fan-Kreisen etwas umstrittene Nummer. Die Stones weiten ihre Vorliebe für Country-Einflüsse auf Tex-Mex und Mariachi aus. Die Stones als Schnulzen-Combo mit Sombrero – das Lied hat einen skurrilen Humor und die Stones meinten ihn sicher auch nicht ganz ernst. So gesehen kann einem die Nummer ganz gut gefallen.


    SUCK ON THE JUGULAR
    Rückkehr zur Funk-Musik der siebziger Jahre. Damals gelangen den Stones aber bessere Songs dieser Sorte, trotzdem aber keine schlechte Nummer.


    BLINDED BY RAINBOWS
    Interessanter Kontrast von absolut lieblicher Melodie und düsterem Textinhalt. Jagger sing sehr gut und Ronnie hat ein schönes, wenn auch kurzes Solo.


    BABY BREAK IT DOWN
    Für mich der gewaltigste Durchhänger des Albums. Ist mir zu monoton und nichtssagend. Jagger gelingt das Hochziehen mit der Stimme ebenfalls absolut nicht.


    THRU AND THRU
    Eine Nummer, die man mehrmals hören muss, dann aber wird sie immer besser. Der Song baut sich fast im Zeitlupentempo auf, verbreitet viel Atmosphäre und Intensität und hat einen starken zweiten Teil – Bravo, Keith: weit besser als seine Nummern auf BTB.


    MEAN DISPOSITION
    Mit dieser schnörkellos heruntergeschrammelten Nummer verschaffen sich die Stones einen starken Abgang, ein Klasse-Song, der die Band pur und ganz ohne Gastmusiker oder Chorsänger zeigt.

    UNDERCOVER


    Too Much Blood
    Betont modern-funkiger Song, auch hier wieder sehr viel Perkussion. Eine Bläser-Section bringt Farbe ins Klangbild, die Gitarren rücken hier weit in den Hintergrund. Der Text wird von Jagger teils gesungen, teils gesprochen bzw. gerappt. Teilweise wirkt das alles schon wie ein Vorgriff auf Jaggers erste Solo-Platte. Mit Stones-Sound hat das ganze jedenfalls kaum etwas tun. Mir sagt die Nummer nicht so besonders zu. Zu wenig Stones-mäßig.


    Pretty Beat Up
    ist eine schräge Mixtur von Rock und Funk mit treibendem Rhythmus, aber wenig Melodie. Jagger schreit und grölt eher, als dass von Gesang die Rede sein könnte. Dazwischen gibt es ein scharfes Sax-Solo von David Sanborn und auch hier wieder jede Menge Perkussion. Ziemlich vertrackte Geschichte, aber bestimmt nicht übel und vor allem sehr intensiv.


    Too Tough
    Die restlichen drei Nummern bestreiten die Stones wieder mit von ihnen gewohnten musikalischen Ausdrucksmitteln. Too Tough ist ein schneller Rocker nach Stones-Schema, also Gitarren-Power gepaart mit einer Melodie, die gleich hängenbleibt. Nichts großes, aber gut.


    All The Way Down
    Hier gilt dasselbe wie für Too Tough. All The Way Down besticht zudem durch einen besonders griffigen Refrain – ein richtiger Ohrwurm. Mit diesem Song kommen die Stones vielleicht nicht in den Rock-Olymp, aber schön anzuhören ist die Sache allemal.


    It Must Be Hell
    Ein wild rockender Song mit sozialkritischem Text und mächtigen Gitarren. Die Nummer ist toll, wenn man drüber hinwegsehen kann, dass sich die Stones hier besonders schamlos selbst zitieren – das Riff ist nämlich (falls ich mich nicht arg täusche) eins-zu-eins geklaut bei Soul Survivor von Exile On Main Street.



    Bei UNDERCOVER handelt es sich meiner Meinung nach um eine etwas unterschätzte Stones-Platte. Jedenfalls findet sie selten Erwähnung, wenn von Alben der Stones die Rede ist. Liegt vielleicht auch daran, dass die Stones diese Platte nicht mit einer Tournee promotet haben und bei späteren Tourneen außer dem Titelstück keine Nummer des Albums ins Konzertprogramm genommen haben. Eigentlich schade, viele der Songs würden sich live sicherlich gut machen. Die Stones kommen hier dunkler, düsterer daher als auf den letzten Platten, irgendwie erdverbundener, die Musik kommt wieder mehr aus dem Bauch heraus. Mir gefällt die Platte nicht zuletzt auch wegen des aggressiven Untertons, der beim nächsten Album DIRTY WORK noch stärker zum Vorschein kommen sollte. Viele Bands und Solisten hatten Anfang der 80er einen künstlerischen Knick zu verzeichnen, wollten groß Kohle machen und schlugen sich wie etwa Bowie, Clapton und andere mit Radio-Kommerz auf die sichere Seite, die Musik wurde in den 80ern insgesamt seichter, weichgespülter. Vor diesem Hintergrund schlagen sich die Stones mit diesem Album alles in allem nicht schlecht, eigentlich sogar sehr gut.

    UNDERCOVER


    UNDERCOVER war 1983 die erste aktuelle Stones-Platte, die ich unmittelbar nach Erscheinen gekauft habe. Zuvor hatte ich lediglich den Sampler ROLLED GOLD mit Aufnahmen von 63-69.
    Ich mochte die alten Sachen und war gespannt, wie die Stones wohl auf einer aktuellen neu erschienenen Scheibe klingen würden.


    Bei diesem Zeitsprung von 1969 ins Jahr 1983 fiel mir zunächst einmal eine dramatische Veränderung von Mick Jaggers Stimme auf- tatsächlich klingt Jaggers Stimme auf UNDERCOVER streckenweise sehr fremd, ist manchmal kaum zu erkennen. Vermutlich war er damals nicht sonderlich gut bei Stimme, es könnte aber auch zumindest zum Teil einfach an der Abmischung der Platte liegen. 1983 verabschiedeten sich die Stones nämlich vom glasklaren, lupenreinen Sound der die letzten drei Alben geprägt hatte. Der Sound von UNDERCOVER tendiert wieder mehr in Richtung des wärmeren, aber auch etwas muffigen Sounds der Früh-70er-Platten.


    Musikalisch ist UNDERCOVER ein Mix von althergebrachter Stones-Stilistik und damals gerade modernen Sounds, inklusive mancher tiefer Griffe in die Producer-Trickkiste. Insgesamt gingen die Stones verstärkt in Richtung härterer Klänge, besonderes Augenmerk wurde dabei auf den Rhythmus gelegt, der vielfach schmutziger und schwärzer daherkommt als auf den letzten Platten. Der Sound ist wilder, ursprünglicher und subversiver geworden als etwa auf TATTOO YOU oder EMOTIONAL RESCUE. Auf eine Ballade wurde diesmal ganz und gar verzichtet, dafür klangen die Gitarren diesmal besonders erdig und dreckig.


    Undercover Of The Night
    Nach einem enorm druckvollen Intro, bei dem auch tief in die Studiotechnik-Trickkiste gegriffen wird, lässt Richards nach 22 Sekunden erstmals eines seiner knappen, griffigen Riffs erklingen und Jagger hebt zu einem wütenden politischen Pamphlet ab. Musikalisch sehr modern orientiert, dennoch dreckig und knallig, sehr rhythmusbetont, manchmal hektisch, fast nervös. Die Gitarren sind kantig, wütend, die Stimmung düster-bewölkt, aggressiv bis bedrohlich. Einer meiner Favoriten aus den 80er Jahren, guter Auftakt für das Album.


    She Was Hot
    Jagger gibt einmal mehr den Schürzenjäger, der nichts anbrennen läßt – musikalisch folgen die Stones hier den von ihnen schon gut ausgetretenen Pfaden. Dabei werden sie von Charlie Watts mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks vorangetrieben. Stellenweise wird das Tempo effektvoll variiert, ein Klavier honkytonkt im Hintergrund und Jagger steigert sich vor allem gegen Ende richtig rein. Ein guter Song, den die Stones vielleicht wieder für Konzerte ausgraben sollten.


    Pain Of Love
    Jagger mault im Sprechgesang und seine Stimme klingt dabei recht fremd. Eine ziemlich brachiale Nummer mit guten Gitarren, rhythmisch sehr stark. Auch wenn Mick´s Stimme nicht gerade auf der Höhe zu sein scheint, ist der Song einer meiner Favoriten des Albums.


    Wanna Hold You
    Keith´Auftritt besteht diesmal aus einem locker-flockigen Gute-Laune-Rock-Song, sehr melodiös und straight gespielt. Muss man einfach mögen. Die CD-Version bietet eine um eine Strophe längere Version.


    Feel On Baby
    Mein persönlicher Favorit des Albums. Ein verfremdeter Reggae mit jeder Menge Perkussion, ein toller Rhythmus-Track, bei dem aber auch die Melodie nicht zu kurz kommt und darüber hinaus auch noch Platz für eine bluesige Mundharmonika bleibt. Sehr gut gefällt mir hier Jaggers gedehnter Gesang.

    BRIDGES TO BABYLON


    Hier ein Beitrag zur Scheibe - ist zwar strenggenommen die falsche Rubrik, weil ich in meinem Review etliche Male den Begriff CD verwende, ist aber eigentlich eh Jacke wie Hose, inhaltlich ist das Programm von CD und LP dasselbe... ausserdem interpretiere ich LP einfach mal als Longplay, also nicht unbedingt als Vinyl-Scheibe...





    FLIP THE SWITCH
    Der ideale Opener für ein Album, hier ist alles vorhanden, wofür die Stones früher standen und was heute oft fehlt: ein High-Voltage-Song in jeder Hinsicht, tolle Riffs, wie sie nur der Riffmaster persönlich aus dem Ärmel schütteln kann, dazu Mick, der mit der alten Stones-typischen Agressivität ungestüm durch den Song brettert, dazu rasselt Charlie an den Drums, dass einem warm ums Herz wird. Ein moderner Stones-Klassiker und für mich bei Weitem die beste Nummer des Albums.


    ANYBODY SEEN MY BABY
    Glattgebügelt und Radio-tauglich, hier wird jede Menge Wasser in den Wein geschüttet. Dennoch keine schlechte Nummer, nur den Rap hätte Mick uns ersparen sollen.


    LOWDOWN
    Tolles Intro von Keef, auch sonst viele gute (Gitarren)Momente. Ein bisschen wenig Melodie vielleicht, aber insgesamt eines der besseren Stücke des Albums. Rauh, kraftvoll, erdig und urwüchsig.


    ALREADY OVER ME
    Lässt sich zu Beginn sehr gut an, verliert sich später dann aber irgendwo in der Bedeutungslosigkeit. Mich nervt vor allem das stumpfsinnige Geschepper von Charlie. Der Refrain ist auch nicht mein Ding und die ewigen Wiederholungen desselben machen die Sache nicht besser. Die Stones waren immer für Balladen gut, doch diesmal wird nix draus.... ein nach der ersten Minute irgendwie völlig uninteressanter Song.


    GUNFACE
    Fast auf einer Ebene mit Flip the switch. Für solche Songs mag ich die Stones.


    YOU DONT HAVE TO MEAN IT
    Schunkel-Reggae in typischer Keith-Manier mit einem pfiffigen Bläser-Arragement, von Keith sehr sympathisch-urwüchsig vorgetragen. Eine der besten Nummern des Albums.


    OUT OF CONTROL
    Ich kann mir nicht helfen, aber das ist eine typische Jagger-Solo-Album-Nummer, bei aller Dynamik im Refrain und trotz Mundharmonika irgendwie zu kommerziell-glattgebügelt. Die Live-Version auf NO SECURITY ist immerhin um eine Klasse besser gelungen.


    SAINT OF ME
    Und gleich noch eine Nummer, die einem Gefühl gibt, ein Jagger-Solo-Album zu hören. Absolut ohne jegliches Stones-Feeling. Der wahrscheinlich unnötigste Song des Albums, radio-tauglich aufpolierter Gospel, der sich vom Stones-Sound völlig abkehrt. Tut mir leid, absolut nicht mein Fall.


    MIGHT AS WELL GET JUICED
    Ein Experiment zweifelsohne, dass eher die Handschrift der Produzenten als die der Glimmer-Twins trägt. Der Song ist vielleicht schon etwas zu sehr elektronisch verfremdet, aber immerhin doch ganz interessant.


    ALWAYS SUFFERING
    Die zweite von Mick gesungene Ballade des Albums, leider nicht besser als die erste: zu glatt, zu brav gesungen, ein endlos in die Länge gezogener Kaugummi, zudem noch ziemlich einfallslos. Kein Vergleich zu genialen Balladen der 70er-Jahre. Mick war immer ein sehr guter Balladen-Sänger, aber auf BTB schwächelt er bei seinen beiden langsamen Songs leider massiv – weniger stimmlich (wenngleich er mir etwas zu brav und bieder singt) als von den Songs her, die einfach nicht viel zu bieten haben.


    TOO TIGHT
    Für schnörkellosen Riff-Rock dieser Art haben die Stones ja bekanntlich eine Art Copyright – sofort stellt sich das alte Stones-Gefühl ein, dass man auf BTB leider oft ganz und gar vermisst (zumindest mir geht es so). Einfach, geradlinig und ohne Schnickschnack heruntergespielt ist TOO TIGHT eine der besten Nummern auf dem Album.


    THIEF IN THE NIGHT
    Musste das wirklich sein, Keith? Wollte man nur die CD-Kapazität ausnützen? Der absolut langweiligste Song des Albums, ein Fall für die Skip-Taste am CD-Player...


    HOW CAN I STOP
    Fraglich, ob es eine gute Idee war, ein Stones-Album mit gleich zwei Richards-Balladen ausklingen zu lassen. Besser als THIEF..., aber immer noch alles andere als ein großer Wurf. Keith ist zwar mittlerweile ein fast kompetenterer Balladen-Sänger als Mick, aber bei diesem Song ist ihm leider wirklich nicht besonders viel eingefallen. Vergleiche mit älteren und bei weitem besseren Richards-Balladen wie ALL ABOUT YOU oder SLEEP TONIGHT bestätigen das.



    Zusammenfassend halte ich BTB für ein Durchschnittsalbum, es gibt einige sehr starke Momente, die aber leider bei all den Durchschnitts- und Füll-Nummern, die zudem oft wenig nach den Stones klingen, ziemlich untergehen. Das Album hat einige gewaltige Längen und hätte Kürzungen vertragen. Aber immerhin kann man ja den CD-Player programmieren und sich mit einigen Umstellungen und Auslassungen aus BTO ein durchaus gutes Album basteln, nämlich ungefähr so:


    FLIP THE SWITCH
    TOO TIGHT
    GUNFACE
    LOWDOWN
    YOU DONT HAVE TO MEAN IT
    ANYBODY SEEN MY BABY
    OUT OF CONTROL
    MIGHT AS WELL GET JUICED
    ALREADY OVER ME

    A BIGGER BANG


    Nach acht Jahren ohne neues Album glaubte ich nicht mehr so recht daran, dass sich die Stones nochmals zu einer neuen Platte aufraffen könnten. Vier neue Songs die 2002 für die Kompilation 40 Licks aufgenommen worden waren, schwächelten teilweise stark, Jaggers letztes Solo-Album Goddess In The Doorwaywar in Summe mehr oder weniger eine Enttäuschung, der Jagger-Stewart-Soundtrack Alfie war allenfalls durchschnittlich, jedenfalls alles andere als ein Geniestreich und Keith Richards´ letzte Solo-Platte Main Offender lag nun gar schon dreizehn Jahre zurück.


    Das alles ließ neben der Vorfreude auch Skeptik anwachsen, als endlich Aufnahmen für ein brandneues Album angekündigt wurden. Was konnte, was durfte man von den Stones noch erwarten? Eine handwerklich gut gemachte, aber letztlich nicht wirklich berauschende Platte wie Voodoo Lounge (1994), ein halbgares Etwas wie Bridges To Babylon (1997), das eher wie eine Sammlung von Jagger- bzw. Richards-Solonummern denn wie ein richtiges Stones-Album wirkte?


    Um es kurz zu machen: Die neue Scheibe, selbstbewußt A Bigger Bang betitelt, ist großartig und stellt für mich eine Art Wiedergeburt der Stones dar. Diesmal machten sich Jagger-Richards keine großen Gedanken, wie aktuelle musikalische Trends in den Stones-Sound einzuarbeiten wären, griffen auf einen Produzenten zurück, der sich nicht als großer Sound-Neuerer gebärdete, verzichteten weitgehend auf Ausschmückungen durch Gastmusiker und nahmen ein Album auf, welches frischer, direkter, ehrlicher und überzeugender daherkommt als alles, was in den letzten zwanzig Jahren aus dem Stones-Umfeld kam. Sechzehn Songs mit insgesamt 64 Minuten Laufzeit, in denen keine Langeweile aufkommt. Ähnlichkeiten mit alten Stones-Songs sind oft unüberhörbar aber immer noch gilt die Regel „gut geklaut ist besser als schlecht erfunden“. Zu den neuen Songs:


    Rough Justice
    Es hat schon Tradition, dass am Anfang eines neuen Stones-Albums eine harte, schnelle Nummer aus den Lautsprechern fegt. So auch diesmal – rauh und ungehobelt zeigen die Stones wo der Hammer hängt. Musikalisch alles ganz beim alten, der Zahn der Zeit scheint überall zu nagen, nur nicht an den Stones. Da sprühen die Funken wie eh und je. Den Fan freut´s natürlich und die Kritiker der diversen Musik-Magazine dürfen wieder ätzen, dass sich die Stones wieder mal selbst kopieren etc. Egal – eine Spitzennummer.


    Let Me Down Slow
    Beim zweiten Song nehmen sich die Stones wieder deutlich zurück und warten mit einem straighten, absolut radio-tauglichen Mainstream-Song auf, der ganz klare Ohrwurmqualität sein eigen nennt. Angenehme Grundstimmung ohne Aggression, ein guter Song zum im-Hintergrund- laufen-lassen. Könnte unter Umständen auch eine nette Single abgeben.


    It Won´t Take Long
    Finster grollende Riffs als Intro, scheppernd einsetzendes Schlagzeug, das alles kommt einem gleich alles sehr vertraut vor... Egal, hat jedenfalls ordentlich Zunder, gute Gitarren und Jagger läuft zu Hochform auf. Die Stones pur und schnörkellos. Der Song gehört ins Tour-Programm gepackt.


    Rain Fall Down
    Erinnert musikalisch an die besseren Momente von Jaggers letztem Solo-Album, mit anderen Worten etwas modernerer Sound, ist aber dennoch eine verdammt starke Nummer. Stellenweise schöner Harmoniegesang, der einem auch von irgendwoher bekannt vorkommt, ein toller pulsierender Groove, das Intro, welches sich durch den ganzen Song zieht, hat etwas geradezu hypnotisierendes, unwiderstehliches.


    Streets Of Love
    Na, jetzt wird's leider peinlich... eine Reißbrett-Ballade, schmalzig und kuschel-rock-Sampler-mäßig... Jaggers übertrieben-affiger Gesang nervt gleich von Beginn weg, der Harmonie-Gesang (iii-iii-ii-iii walked...) ist oberpeinlich, richtig zum Davonlaufen. Dann steigert sich der Song auch noch zum Bombast-Kitsch-Overkill mit Synthesizer-Zuckerguß, ohje, ohje... Ich halte den Song für ein Zugeständnis ans Kommerzradio, um die nötige Playtime und Publicity auf allen Mainstream-Stationen zu kriegen. Ich kann mir nicht denken, dass die Stones damit innerlich wirklich was am Hut haben. Wurde zwar als Single ausgekoppelt, aber ist bis jetzt meines Wissens nach noch nicht einmal im Live-Programm aufgetaucht – das spricht Bände.


    Back Of My Hand
    Das trifft den Nagel schon eher auf den Kopf! Bei den letzten Alben haben die Stones stets jeweils ein, zwei reine Blues-Nummern aufgenommen und sie dann verschämt auf Single-B-Seiten versteckt. Diesmal verstecken sie den Blues nicht und man freut sich riesig drüber. Ein altmodischer Blues ganz und gar nach dem alten Schema – aber so und nicht anders soll´s ja auch sein. Top!


    She Saw Me Coming
    Wuchtige Drums gepaart mit schweren Riffs, dazu ein schleppender Rhythmus – eine sehr effektvolle Nummer, die sofort gute Laune macht. Jagger singt mit ungeheurer Lässigkeit. Der Song würde sich als Mitklatsch- und Mitgröl-Nummer bei Stadien-Konzerten gut machen. Einfach, ja geradezu simpel gestrickt aber dennoch: das reißt mit, da geht die Post ab!


    Biggest Mistake
    Wieder eine ausgesprochen radio-taugliche Nummer. Nicht gerade ein Überflieger, aber eine angenehm zu hörende Pop-Nummer. Im Sound ähnelt der Song den neuen Nummern, die die Stones im Jahr 2002 für 40 Licks aufgenommen haben – ein bisschen zu handzahm also insgesamt.


    This Place Is Empty
    Keith diesmal am Mikro und er macht seinem Ruf als Gänsehaut-Lieferant in Sachen Balladen wieder mal alle Ehre. Ein traumhaft schöner, sehr stimmungsvoller Song mit tollen akustischen Gitarren, einer der absoluten Höhepunkte auf dem Album. Keith´ Balladenstil unterscheidet sich auch hier wieder wohltuend von Mick´s Hang zur Übertreibung und affektiertem Getue. Eine Keith-Ballade wirkt einfach ehrlicher, nicht so gekünstelt wie bei Mick.


    Oh No Not You Again
    Ein schneller Rocker, der alles hat, was ich seit jeher an den Stones liebe: scharfe Gitarren, wummernder Bass, präzise drauflosdonnernde Drums, einen fauchenden Jagger und dazu noch eine unwiderstehliche Melodie – da kann man unmöglich still sitzen bleiben! Stones at their best, d-e-r Song hätte als Single rausgebracht werden sollen.


    Dangerous Beauty
    Wieder ein Rocker, knapp und präzise auf den Punkt gebracht, da ist kein Ton zuviel, geht sofort in Mark und Bein. Auch diese Nummer klingt sehr vertraut.


    Laugh I Nearly Died
    Ungeheuer dichte Ballade, in der unterschwellig der Blues gärt. Seit Down In The Hole von Emotional Rescue war Jagger nicht so intensiv wie hier. Ein ganz schweres Geschütz, das die Stones hier auffahren. Jagger klagt sich die Seele aus dem Leib und klingt dabei so aufrichtig wie schon lange nicht – ein weiterer Höhepunkt des Albums, fährt voll in die Magengrube.


    Sweet Neo Con
    Ein gutes, sparsames Intro aus Harmonika, knorrigen Gitarren und typischen Watts-Drums. Musikalisch etwas ungewöhnlich, hier wird Stones-Rock mit einem ziemlich exotisch wirkenden Refrain gemixt. Eine sehr gute Nummer, in der Jagger zynisch und aggressiv ein politisches Statement vom Stapel lässt. Undercover und Highwire lassen thematisch grüßen.


    Look What The Cat Dragged In
    Ist zu Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, weil etwas vertrackter und komplizierter aufgebaut als es Stones-Song in der Regel sind. Hat man das Ding dann aber ein paar Mal gehört, macht es plötzlich klick und siehe da, der Song entwickelt sich zu einem der größten Favoriten des Albums.
    Es gibt einige spannende Rhythmus-Wechsel, wilde, angriffslustige Gitarrenattacken, ein kurzes feines Gitarrensolo und Perkussions-Unterstützung für Charlie Watts. Jagger glänzt in Hochform.


    Driving To Fast
    ist mit Vollgas unterwegs – ruppig und ungehobelt. Der Rhythmus trocken und knüppelhart wie man es von den Stones am liebsten hat. Ein kompromißlos harter Song, der ein guter Abschluß für das neue Album wäre, aber...


    Infamy
    ...da gibt's noch den Song Nummer sechzehn, der den Schlußpunkt bildet und traditionsgemäß von Keith Richards gesungen wird. Diese sehr sperrige Nummer ist meiner Meinung nach so was wie der Blinddarm der Scheibe - er ist da, aber kein Mensch braucht ihn. Monotones Bass- und Schlagzeug-Gestampfe, weit und breit nicht der Hauch einer Melodie in Sicht, Richards schimpft seinen Text vor sich hin. Was soll das? Schade, das Album wird zum Ende durch diesen Song, mit dem ich rein gar nichts anfangen kann, etwas verschandelt... Da hilft mir auch die doppelt getönte Stones-Brille nicht weiter, der Song ist Ausschuss...



    Unterm Strich gefällt mir das neue Album so gut wie schon lange kein Stones-Album. Es ist meiner Meinung nach besser als alles was seit den späten 70er Jahren aus dem Stones-Lager kam. Seit Dirty Work das erste Album, mit dem mich die Band wirklich überzeugt und wo sich beim Hören genau die Begeisterung einstellt, die ich bei den letzten drei Alben doch vermisst habe – angesichts der Gesamt-Qualtität verzeiht man gerne die Kitsch-Tortur bei Streets Of Love sowie das verpfuschte letzte Lied. Ohne diese beiden Ausrutscher bleiben immer noch vierzehn Songs, von denen die meisten das Prädikat „sehr gut“ verdienen – was mehr kann man sich wünschen?


    Um das Album nun gleich mit den allseits anerkannten Meilensteinen wie Beggars Banquet, Exile On Main Street oder Sticky Fingers zu vergleichen, dazu ist es noch zu neu, außerdem sind vorgenannte Werke durch die Erinnerung und die mediale Legendenbildung dermaßen verklärt, dass jedes Abwägen schwer fällt. A Bigger Bang ist jedenfalls ein tolles neues Album und besser als von mir erwartet und erhofft. Die Stones sind offenbar mit Feuer und Herzblut bei der Sache, da steckt wieder Emotion drinnen! Jagger ist mit seinen 62 Lenzen so gut wie lange nicht – einen überzeugenderen jugendlichen Rabauken hat er seit seinem Solo-Album Wandering Spirit nicht mehr abgegeben, die Luft scheint also noch lange nicht draussen zu sein.

    Kopierschutz ist natürlich scheiße... Aber deswegen die teuren Importe kaufen, hmmm...
    Grade bei A Bigger Bang ist der Preisunterschied von Normal- und Import-Version doch ziemlich happig. Da belohnt man die MI, den Zoll oder wen auch immer noch alles ja geradezu dafür, dass in bestimmten Ländern geschützte CDs verkauft werden und in andern nicht...


    Die gängigen Copyprogramme funktionieren auch nicht bei jeder geschützten CD, da es unterschiedliche Arten von Kopierschutz gibt ... braucht man jedes mal eine Portion Glück dass sowas auch wirklich funktioniert. (habe mal Clone-CD ausprobiert, damit erhielt ich eine Cd gebrannt, die dann auf keinem einzigen Player oder PC-Laufwerk abspielbar war, kriegte also gleich noch nen „Abspielschutz“ dazu...


    Seit ich mir für wenig Geld bei ebay einen hochwertigen Audio-CD-Rekorder (Philips CDR 950) besorgt habe, kümmert mich der Kopierschutz aber sowieso nicht mehr. Ich überspiele erst die CD analog auf MD, kann dann im nachhinein bequem manuell die Startmarken setzen und das ganze dann in einem Zug über Digitalkabel auf Audio-CDRW brennen. Die kann dann in jedem Pc-Brenner mit PC-Rohlingen weiterverarbeitet werden. Für meine Ohren gibt es dabei überhaupt keine Klangverluste. Finde sogar dass Aufnahmen, die ich vorher nur auf Minidisc hatte nach dem Umkopieren auf CD insgesamt besser klingen.

    Hallo Stones-Freunde,


    Ab sofort kann hier im Forum wieder mit mir gerechnet werden!
    Zur neuen Scheibe werde ich in nächster Zeit was umfangreicheres posten (in der Discografie-Abteilung, wenn´s recht ist)... hier mal ein paar Sätze als Erst-Eindruck:


    Alles was recht ist, ich hab nach den ersten ein, zwei mal hören nicht schlecht gestaunt: Ich habe gehofft, es wird ein gutes Album werden, aber die Platte ist weit besser als ich zu hoffen gewagt habe! Ein echter „Knaller“, eigentlich fast genau die Platte, von der ich eigentlich schon dachte, die Stones bringen sowas nicht mehr zuwege... „Bang“ steckt „Bridges“, aber auch „VL“ locker in die Tasche, gar nicht zu reden von „Steel Wheels“...


    Seit „Dirty Work“ die erste Neu-Veröffentlichung, auf ders keine oder zumindest fast keine Leerläufe gibt! Find ich jedenfalls...


    Nach öfteren Hören setzen sich bei mir langsam die neuen Songs fest, Top-Favoriten stehen auch schon fest:


    Rough Justice (na klar)
    This Place Is Empty (Thanks, Keith)
    She Saw Me Coming
    Oh No Not You Again
    Laugh I Nearly Died


    Der Rest ist aber fast genau so gut, haben die Jungs wirklich ganze Arbeit geleistet diesmal.


    Zwei Songs sind aber mäßig, zunächst „Streets Of Love“ Oje.
    Dann „Infamy“ ein Song, mit dem ich gar nichts, aber auch gar nichts anzufangen weiß.


    Bevor ichs vergesse:
    Look What The Cat Dragged In ist derzeit mein größter Favorit – geht vielleicht zunächst nicht so sehr ins Ohr, aber wenn er dann mal drinnen ist...hört, hört!!!


    Bis demnächst, D.W.

    Lese gerade im aktuellen jpc-courier, dass es die VOODOO LOUNGE Tour DVD endlich wieder zu kaufen gibt, bei jpc für 17 Euro. Schön dass man diese DVD wieder herausgebracht hat, somit ist eine große Lücke geschlossen. Nun muss keiner mehr 100 Euro und mehr bei Auktionen bieten!