US-Musikindustrie nimmt das Usenet ins Visier

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    Die Musikindustrie nimmt außer mutmaßlichen P2P-Nutzern nun auch Zugangsanbieter ins Visier. Der klagefreudige Verband der großen US-Labels, die Recording Industry Association of America (RIAA), hat in der vergangenen vor einem Bezirksgericht in New York Klage gegen den amerikanischen Usenet-Anbieter Usenet.com eingereicht. In den zehntausenden Diskussionsgruppen ("Newsgroups"), die es seit Internet-Urzeiten gibt, fänden sich "Millionen urheberrechtlich geschützter Tonaufnahmen", begründen die RIAA-Anwälte ihre Klage. Allein 652 Gruppen hätten den Begriff "MP3" im Titel.


    Ernsthaft bestreiten wird das niemand. In den "Binaries"-Gruppen gibt es Downloads für so ziemlich jeden Geschmack, auch den etwas abseitigeren. Doch gibt es strenggenommen keinen Betreiber des Usenet, die Rechner verschiedener Institutionen (darunter viele Universitäten, aber auch kommerzielle Anbieter) halten die Diskussionsgruppen vor und sind über ein bestimmtes Protokoll miteinander vernetzt. Nicht alle Provider liefern die komplette Hierarchie, es gibt regionale Unterschiede, und gerade webbasierte Usenetzugänge verzichten aus Platzgründen gerne auf die Binaries.


    Anbieter wie Usenet.com sind streng genommen also reine Zugangsprovider, auch wenn sie eigene Serverinfrastruktur zum Caching der Newsgroups vorhalten. Und genau da beginnt das Problem für die RIAA: Als Zugangsanbieter kämen diese wie DSL- oder Kabelanbieter in den Genuss des Haftungsprivilegs des US-Copyrights. Das ist dann auch das Mantra von Anbietern wie Usenet.com. Die RIAA hat sich unter den zahllosen Usenet-Zugangsprovidern – darunter große TK-Konzerne wie Verizon und AT&T – ausgerechnet Usenet.com aber nicht zufällig ausgesucht.


    Denn Usenet.com und vergleichbare Anbieter setzen gerade auf die Attraktivität der Binaries und werben mehr oder weniger offensiv mit den nicht immer legal verfügbar gemachten Downloads in den Binary-Newsgroups. Für eine monatliche Gebühr liefern sie den Zugang und eine Software, die das Durchsuchen der chaotischen und spamverseuchten Threads erleichtert und den nicht immer komplikationslosen Download der Anhänge übernimmt.


    Darauf hebt nun auch die Klage der RIAA ab. Der Verband wirft Usenet.com vor, Kunden für den monatlich 19 US-Dollar kostenden Zugang mit dem Hinweis auf die erhältliche urheberrechtlich geschützte Musik zu werben. Das Gericht soll dem Anbieter nun per Verfügung untersagen, weiterhin Beihilfe zur Verletzung von Urhebrerechten zu leisten oder dazu zu ermuntern und aufzurufen. Darüber hinaus fordert die RIAA Schadensersatz, die Profite des Anbieters und Anwaltskosten. Kann sich die Musikindustrie gegen Usenet.com in diesem Fall durchsetzen, dürfte das auch für andere Usenet-Anbieter Konsequenzen haben.


    Dass Anbieter, die für ihre Dienste offensiv mit im Usenet erhältlicher Musik und Filmen werben, vor Gericht einen schweren Stand haben und sich nicht immer auf die Zugangsanbieter-Nummer herausreden können, zeigen ähnliche Fälle in Deutschland, wo Musikkonzerne oder die GEMA gegen Usenet-Anbieter wie Usenext geklagt haben. Die Richter haben zum Status von Usenetanbietern unterschiedliche Meinungen; während ein Urteil sie als Hosting-Anbieter qualifiziert und damit in der Pflicht sieht, Inhalte bei Kenntnis zu unterbinden, gibt es andere Rechtsmeinungen, die weder eine Verletzung der Prüfungspflichten noch eine Haftung erkennen. In einem dieser Fälle war der beklagte Anbieter allerdings keiner der umstrittenen MP3-Marktschreier. (vbr/c't)


    http://www.heise.de/newsticker/meldung/97522