EM 2008 - "Capitano" von Bord - wer soll's richten?
Eurosport - So 29.Jun. 10:06:00 2008</ABBR>
Welche Alternativen stehen Bundestrainer Joachim Löw zur Verfügung, sollte der angeschlagene "Capitano" Michael Ballack ausfallen?
Michael Ballack wird im EM-Finale höchstwahrscheinlich nicht dabei sein. Ein großer Rückschlag für die "Operation Gipfelsturm" der deutschen Nationalmannschaft. Welche Alternativen stehen Bundestrainer Joachim Löw zur Verfügung, sollte der "Capitano" ausfallen?
Ballack ist der unangefochtene Leader im DFB-Team. Seine Ausstrahlung und Erfahrung besitzt kein anderer Spieler im momentanen Aufgebot des Deutschen Fußball-Bundes. Was die Defensiv- und Offensivqualitäten des 31-jährigen Mittelfeldspielers angeht, gibt es allerdings Optionen. eurosport.yahoo.de nennt einige Varianten, die Löw und seinem Stab als Plan "ohne B" zur Verfügung stehen:
1. Variante "Ballack light"
Der Bundestrainer hat es bereits in der abschließenden Pressekonferenz angedeutet, wie dieses Modell aussehen könnte: Der bisher zweimal (gegen Österreich und gegen Portugal) eingewechselte Tim Borowski könnte Ballack vertreten. Der Bremer verkörpert am ehesten das Spiel des Kapitäns, ist bissig im Zweikampf und verfügt über einen platzierten Schuss - ebenso wie Thomas Hitzslperger, der auch etwas zentraler eingesetzt werden könnte. Die Variante "Ballack light" hat allerdings den Haken, dass Borowski bei weitem nicht so torgefährlich und kopfballstark wie der Chelsea-Star ist. Im Spiel gegen Portugal verursachte das Auftauchen Ballacks in der Nähe des Sechzehnmeter-Raumes unmittelbaren Alarm bei den Portugiesen: Sofort orientierten sich zwei, manchmal sogar drei Spieler in Richtung des Kapitäns der DFB-Elf. Das schuf Platz für die einzige Spitze Miroslav Klose und zwang die Außenverteidiger in Eins-gegen-Eins-Situationen gegen Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger. Borowski wirkt weniger "anziehend" auf die gegnerische Defensive. Zudem hat der Neu-Münchner bei der EM noch kein Spiel von Anfang an bestritten...
2. Variante "Zerstörung"
Die spielstarken Spanier müssen bereits im Spielaufbau gestört werden. Ohne Ballack, der sowohl defensiv wichtige Dienste leistet als auch offensiv Akzente setzt, böte sich eine auf Zerstören ausgerichtes Mitteldfeld mit drei zweikampfstarken Akteuren an. Der immer noch an einer angebrochenen Rippe laborierende Torsten Frings, Thomas Hitzlsperger und Simon Rolfes könnten den Iberern die Freude am Ballspiel nehmen. Allerdings ist neben Frings auch der Leverkusener Rolfes fraglich, der sich im Halbfinale gegen die Türkei eine schwere Platzwunde über dem Auge zugezogen hatte. Vor dem "Trio Infernale" könnten entweder Borowski, Hitzslperger oder auch Bastian Schweinsteiger als Spielgestalter agieren. Im Falle Schweinsteiger, der zuletzt auf der rechten Seite überzeugte, müsste der kriselnde Clemens Fritz die Außenbahn beackern, Podolski würde wohl als zweite Sturmspitze nach vorne rücken. Damit würde Löw also wieder zu seinem "Basis-System" 4-4-2 zurückkehren, das vor allem nach dem schwachen Auftritt gegen Kroatien für reichlich Diskussionen in Fußball-Deutschland gesorgt hatte.
3. Variante "Schweini durch die Mitte"
Das Viertelfinale gegen die spielstarken Portugiesen hat gezeigt: Mit einer "Doppel-Sechs" und einem offensiveren Ballack kann das DFB-Team die Kreativ-Abteilung einer technisch starken Mannschaft empfindlich stören. Ohne den Kapitän fehlt ein ballsicherer, zentraler Akteur, der den "unvorhersehbaren" Pass spielen kann. Schweinsteiger ist da zu in der Lage. Allerdings scheint "Schweini" auf der rechten Seite besser aufgehoben. Der Bayern-Profi verzettelt sich gerne in Einzelaktionen, was in zentraler Position tödlich sein kann. Zudem mangelt es dem 23-Jährigen häufig am letzten "Biss", einem verlorenen Ball nachzujagen. Gegen Spanien braucht Deutschland aber einen zähen Mann in der Mitte, der schnell in die Zweikämpfe kommt und auch einmal das berühmt-berüchtigte "Zeichen" setzt. Schweinsteigers Aussetzer in der Gruppenphase beim Stoß gegen Kroatiens Jerko Leko zählt definitiv nicht dazu...
Voraussichtliche Aufstellungen:
Deutschland: 1 Lehmann - 3 Friedrich, 17 Mertesacker, 21 Metzelder, 16 Lahm - 8 Frings, 15 Hitzlsperger - 7 Schweinsteiger, 13 Ballack (18 Borowski), 20 Podolski - 11 Klose
Spanien: 1 Casillas - 15 Sergio Ramos, 5 Puyol, 4 Marchena, 11 Capdevila - 6 Iniesta, 19 Senna, 8 Xavi, 21 David Silva - 10 Fabregas - 9 Torres
Stefan Zürn / Eurosport