Laßt es krachen und berichtet dann bitte morgen
Auf Wunsch einer einzelnen Dame setze ich mich gleich nach meiner Rückkehr an die Schreibmaschine. Unser Tag begann bereits auf dem Platz vor der Messehalle 1 bevor die Türöffnung erfolgte. Wir hatten es ja nicht eilig und erwarteten die Ankunft von Brownsugar. Sie gesellte sich bald zu Crazy Mama und mir und wie es für zwei bodenständige deutsche Mädels geziemt, schickten die beiden gleich ein Bier in die Speiseröhre. Ich habe den Chauffeur gegeben und verzichte deshalb auf dieses Vergnügen.
Als Aufwärmer fungierte die nordirische Band The Answer. Zunächst klangen deren erste Beiträge nach Heavy Metal Einheitsbrei. Ihr kennt das doch – Gitarrensaiten gerührt, nicht gezupft. Aber ich muss sagen, die Jungs steigerten sich wirklich zu einem hörenswerten Act. Um Schluss zog ich sogar Parallelen zu Deep Purple, so virtuos behandelten sie ihre Instrumente am Schluss ihres Beitrags.
Bei AC/DC ist man ja geneigt, vergleiche zu unseren Jungs herzustellen. Der erste Punkt geht eindeutig an die australischen Schotten: Zwischen Vorband und ihrem eigenen Auftritt sind nur 20 Minuten verstrichen. Es muss also keine volle Stunde sein, Sir.
Wie die Stones, begann auch AC/DC die Show mit einem Film. Und der war sehr an den A Bigger Bang Film angelehnt. Wahrend die Stones eine Luftfahrt durch die Skylines verschiedener Städte um den Globus unternahmen, schickten AC/DC, passend zum neuen Hit, Rock’n’Roll Train, einen Zug mit atemberaubender Geschwindigkeit auf die Gleise. In dem Comic leben Angus Young und Brian Johnson ihre sexuellen Phantasien aus, so dass ich mir schon darüber Gedanken machen musste, ob denn der Film in dieser Form auch in den VSA dem Publikum zugemutet werden durfte. Bei den Stones gab es am Ende des Einführungsfilms den Biggest Bang, bei AC/DC entgleiste die Lokomotive und schien von der Bühne in die Zuschauer zu rasen. Über dem Schlagzeug blieb wirklich eine Lok hängen. Das war ein toller Auftakt.
Brian Johnson machte nicht den Eindruck, als wäre er vor zwei Tagen so krank gewesen, dass er eine Show hätte absagen müssen. Vielleicht war es ja so ein Anfall, wie wir ihn von Ronnie gewöhnt sind oder, reine Vermutung, das zweite Antwerpen-Konzert war schlecht verkauft, so dass er davon einen Schnupfen bekam.
Angus Young lässt sich immer noch feiern wie ein kleiner König – zu Recht. Was Charlie Watts für die Stones, ist Angus Young für AC/DC: der Magnet, warum zu jeder Show viele tausend Fans pilgern. Angus ist der Mittelpunkt des Geschehens. Allerdings ist die Show „auszurechnen“. Bei AC/DC ändert sich in 20 Jahren viel weniger als bei den Stones. Bei The Jack zieht Angus nach wie vor seine Hose herunter, bei Let There Be Rock legt er sich wieder auf den Rücken in eine durchsichtige Schüssel, in der er mittels einer hydraulischen Vorrichtung emporgehoben wird. Whole Lotta Rosie reitet diese Mal auf der Lokomotive. Brian Johnson hat auch schon mal eine bessere Figur an der Hell’s Bell gemacht – auch ja, er war oder ist ja noch krank. Während der Stiff Upper Lip Tour schafften es AC/DC immerhin zwei Titel diesen neuen Albums in die Set-List einzubauen. Bei der aktuellen Tour werden vier Songs vom aktuellen Album intoniert.
Der Hauptteil der Show ist vorüber und jeder weis, welche Zugaben gespielt werden: Highway To Hell und For Those About To Rock, denn diese beiden Pflichtnummern waren im regulären Konzertteil nicht dabei. Bei For Those About To Rock schlüpft Brian Johnson in die Rolle des Dirigenten und gibt präzise Anweisungen, wann die sechs Kanonen, die beidseitig über dem Schlagzeug angeordnet sind, abzufeuern sind. Schluss. Brownsugar hat nicht gesungen. Schade dass die Bravo keine AC/DC-Poster mehr verwendet …