Aus der Zeitung

  • Heute in der NZZ - grosser Artikel über das neue Buch über die Entstehung von Exile.
    Ebenso auch ein grosser Artikel über die Autobiographie von Lemmy (muss übrigens absolut emfehlenswert sein).

  • der muss ständig an die Stones denken, mal hören, wer das ist:


    Gestern und heute in der Rheinzeitung!!!


  • heute in der "Welt am Sonntag"...ganzseitiger Artikel über Mick Jagger
    (vorab zum 65.)


    "Der Mann ohne Bauch
    Seit über 40 Jahren ein Superstar, und eigentlich mag ihn keiner so richtig.
    Mick Jagger ist der größte Buchhalter und Zyniker der Popgeschichte.
    Eine Ehrenrettung zu seinem 65. Geburtstag."
    :fine
    Stonezeit

  • Ich habe es mir gerade online angesehen. Ph.....! Soso, das denkt also der A. Sack über Mick.........



    20. Juli 2008, 04:00 Uhr Von Adriano Sack
    Der Mann ohne Bauch
    Seit über 40 Jahren ein Superstar, und eigentlich mag ihn keiner so richtig. Mick Jagger ist der größte Buchhalter und Zyniker der Popgeschichte. Eine Ehrenrettung zu seinem 65. Geburtstag


    Er hat es einem nie leicht gemacht, ihn zu mögen. Er galt jahrzehntelang als Sexsymbol, aber hat fast immer die falschen Klamotten getragen. Er war mit einigen der schönsten Frauen seiner Epochen liiert, aber hat sie schlecht behandelt. Er hat zum Tod seines Bandkollegen Brian Jones im weißen Kleid ein Gedicht vorgetragen und Schmetterlinge aufsteigen lassen, nachdem er ihn mitleidslos abserviert hatte. Er sah neben seinem Todfeind, Rivalen, Businesspartner Keith Richards nüchtern und beflissen, ängstlich und uncool aus. Und heute sieht er aus wie ein böser, verlotterter Greis.


    Trotzdem ist Mick Jagger, der am kommenden Samstag 65 Jahre alt wird und damit das hierzulande offizielle Rentneralter erreicht, selbstverständlich eine Großer. Dass die Rolling Stones noch immer mehr oder weniger am Leben sind, ist sein Verdienst. Wenn man es für ein Verdienst halten mag.


    Als der Regisseur Martin Scorsese bei der Berlinale seinen Konzertfilm "Shine A Light" vorführte, waren am Bauch von Mick Jagger zwar ein paar Härchen, aber keinerlei Fett zu finden. Nun ist ein für die Figur vorteilhafter Stoffwechsel noch kein Grund zur Bewunderung. Dass der Mann auch mit 65 noch die Silhouette eines schmalhüftigen Teenagers hat, verdankt er seinen Genen und seiner Disziplin. Jede Stadionbühne muss schließlich ausführlich auf und ab gerannt werden. Und dass er heute noch mit jeder Tournee einen neuen Umsatzrekord bricht, empfinden viele als Ärgernis. Es ist ja nicht so, dass irgendjemand in der Popbranche wirklich zurücktritt. Paul McCartney musiziert weiter, Neil Young ruft seine alten Mitstreiter zu einer Protesttournee zusammen, David Bowie lässt sich manchmal zu einem Auftritt herab. Die einzigen Überlebenden, die echte Aversionen auslösen, sind die Rolling Stones. Und Jagger gilt als der Schlimmste. Warum eigentlich?


    Irgendwann in den ganz frühen 60ern traf Keith Richards seinen alten Bekannten Mick Jagger auf der Straße. Dieser hatte Schallplatten unter dem Arm, die fast keiner in England hören wollte und die ihr Leben prägen würden: Chuck Berry, Muddy Waters und all die anderen. Ein bisschen später traten die beiden das erste Mal auf. Mit dem begabten Brian Jones, der eigentlich immer der Bandchef sein wollte, aber eben nicht der Sänger war. Mit dem stoischen Schlagzeuger Charlie Watts, der eigentlich nicht besonders viel kann, das dann aber wirklich sehr gut. Mit dem Bassisten Bill Wyman, der eigentlich zu alt war, aber einen guten Verstärker besaß. Und mit Ian Stewart, der eigentlich ein Bandmitglied hätte werden sollen, aber zu spießig wirkte und deshalb zum Edelroadie degradiert wurde.


    Sobald der Manager Andrew Loog Oldham dazustieß, war die Strategie klar. Damals waren die Beatles noch eine Band von niedlichen Jungs, die einen Hit nach dem anderen schrieben. Die Rolling Stones, so die simple und effektive Idee, sollten das Gegenteil werden. Oldham hatte den Charakter seiner Schützlinge wie die Zeichen der Zeit genau erkannt. "Die Beatles wollten deine Hand halten, die Rolling Stones wollten dein Haus anzünden", schrieb ein Kritiker. Vorher allerdings, könnte man hinzufügen, hätten sie mit deiner Frau und deiner Tochter geschlafen, die Schnapsvorräte geplündert und den Badezimmerschrank nach Valium und anderen Pillen durchsucht.


    Mick Jagger, Keith Richards und Brian Jones schrieben Mitte der 60er den Look und die Themen fest, die bis heute für Gitarrenbands gelten: Sex, Drogen, eine Mischung aus Brutalität und Androgynität. Und Oldhams Idee, Keith Richards und Mick Jagger in einen Raum zu sperren, bis sie ihren ersten Song ("Tell Me") fertig geschrieben hatten, erwies sich als doppelt sinnvoll: Erstens wurde aus dem Gerangel um die Führungsposition eine saubere Rivalität zwischen den beiden Songschreibern, die sich eine Zeit lang "Glimmer Twins" nennen würden. Zweitens ergänzten sich die musikalisch durchaus begrenzt talentierten Männer recht ordentlich. Keith Richards blieb in der Ära der flinkhändigen Gitarrengötter bei seiner aus der Not geborenen Überzeugung, dass eine mit Kraft und überzeugendem Timing geschrubbte Akkordfolge, ein sogenanntes Riff, die wahre Seele eines guten Songs ist. Der Anfang von "Satisfaction" ist eines der bekanntesten Geräusche der Popgeschichte und ein Triumph des Primitiven. Er ist dem Gitarristen im Schlaf eingefallen.


    Mick Jagger ist nie irgendwas im Schlaf eingefallen. Natürlich gibt es Fotos von ihm - auf der Bühne, im Studio -, die ihn in einem Zustand der Entrückung und Hingabe zeigen. Und man muss schon sehr hartleibig sein, um nicht die eigenartige Schönheit dieses jungen Mannes zu bewundern. Aber seit ihrer zweiten Single, dem Beatles-Cover "I Want To Be Your Man", war er immer auf der Lauer, ständig bemüht, andere zu übertrumpfen und deren Ideen zu übernehmen: Lennon/McCartney, Bob Dylan, David Bowie, Brian Ferry, Peter Tosh, die Sex Pistols, die Disco-Diva Sylvester. Das ging manchmal furchtbar schief ("Their Satanic Majesties Request"), aber nahm der Band oft das Muffige. Jagger ist ein wertkonservativer Musikliebhaber, aber seine Neugier trieb die Rolling Stones lange Zeit an. Auch wenn seine Stimme auf den großen Bühnen immer nur Gebrüll war, im Studio klang sie wie melodiöses Gebell: unverwechselbar, nervig und erschütternd sexuell.


    Und obwohl er selbst ein konsequenter Heterosexueller ist, hat er mit Frauenkleidern und Wimperntusche, Bühnenflirts mit dem Pianisten Billy Preston und innigen Umarmungen des aufblasbaren Riesenpenis bei der US-Tour 1972 seinen Teil beigetragen, klassische Geschlechterbilder zu verwischen. Er hat das Crossdressing nicht erfunden, aber auf der größten Bühne der Welt propagiert.


    Wenn Keith Richards die Seele der Band war, dann war Mick Jagger der quirlige Geist, der das Unternehmen permanent wachsen sehen wollte und regelmäßig einen Relaunch vornahm. Und während sein Partner in den 70ern immer tiefer in der Sucht versank, flog Jagger um die Welt, um in die Kreise jener Dekade aufzusteigen: Prinzessin Margret, Truman Capote, Andy Warhol, Yves Saint Laurent. Der eine wurde Junkie, der andere Jetsetter. Das Kreativunternehmen Rolling Stones speiste sich aus dieser Dualität, aber die Sympathien liegen naturgemäß beim Künstlertypen mit dem Hang zur hartnäckigen Selbstzerstörung.


    Der ehemalige Wirtschaftsstudent und ewige Buchhalter Mick Jagger wäre der Letzte, der erwarten würde, dass das Leben gerecht ist. Die Rolling Stones hatten mit den Träumen ihrer Fans gespielt, doch letztlich nie einen Zweifel gelassen, in welcher Welt wir leben. Ziel waren nicht Revolution, Frieden oder Kunst, sondern individuelle, rücksichtslos realisierte Freiheit. Insofern ist Mick Jagger der vielleicht visionärste Popstar seiner Generation.


    Als die Band vor zwei Jahren ein Konzert in Toronto gab, rief Jagger vorher Justin Timberlake an, ob er Lust habe mit ihm im Duett "Miss You" zu singen. Für den aktuellen König des Pop war das gar keine Frage: "Zu Mick Jagger sagt man nicht Nein". Mehr hat er nie gewollt. Möge er in Unfrieden und in alle Ewigkeit weitermachen.