Shine a Light Movie - Allg. Infos, Diskussion

  • Ein Werk zwischen Konzertfilm (80%) und Dokumentation (20%). Die Doku hat dabei nichts mit einer historischen Aneinanderreihung und Nachempfindung der stonesschen Entwicklung zu tun. Vielmehr besteht sie aus zwei Teilen:


    Der erste Teil dauert knapp eine Viertelstunde und zeigt wilde Schnipsel der Vorbereitung auf die beiden Konzerte im Beacon Theater. Die Stones proben einige Songs und Bill Clinton kommt mit seinen Gästen, um seinen 60. Geburtstag zu feiern. Zwischendrin gibt es massig viele running gags zwischen Jagger und Scorsese. Jagger lamentiert über Bühne, Beleuchtung und Kameras, während Scrosese verzweifelt versucht an die Setlist ranzukommen, damit er seine 16 Kameraleute passend postieren kann. Gerade der Gegensatz der beiden Showgiganten ist witzig anzusehen. Die Stones sind locker, albern und nuschelig, der Regisseur aber ist ein konzentrierter und ernster Schnellsprecher. Beispiellos ist der kurze Dialog zwischen ihm und einem Mitarbeiter: "Mick Jagger kann nicht länger als 18 Sekunden im Scheinwerferlicht stehen, sonst verbrennt er." - "Was meinst du mit 'er verbrennt'? Geht er in Flammen auf?" - "Genau." - "Oh, das geht nicht. Wir können nicht Mick Jagger verbrennen." Besonders interessant fand ich den kurzen Blick auf Jaggers Songlisten, die als Vorlage für die Setlisten dienen. Offenbar sind die Lieder nach dem Bekanntheitsgrad sortiert und werden dann wie ein Mosaik für jeden Abend zusammengestellt.


    Der zweite Teil der Doku ist über den ganzen Film verstreut. Alle zwei Lieder wird das Konzert unterbrochen, um Ausschnitte von Aussagen und Interviews aus der Vergangenheit zu zeigen. Mitunter sind Passagen dabei, die heutzutage kaum noch zu glauben sind, wie etwa Jaggers Selbsteinschätzung von 1964: Die Band war damals seit zwei Jahren aktiv und auf die Frage nach der Zukunft meint er hoffnungsvoll, daß die Stones durchaus noch ein weiteres Jahr erfolgreich sein könnten. Die Frage nach der Zukunft wird immer wieder mal aufgegriffen, nun ja, sie wird ja auch seit über 40 Jahren wiederholt von der Journallie gestellt. Die coolste Sau des Universums ist zweifellos Keith Richards, der in mindestens zwei dieser Ausschnitte gezeigt wird. 1978 wird er mit der zwangsläufigen Frage konfrontiert, wie er denn aus seiner schlimmen Heroinzeit rausgekommen sei. Und elf Jahre später verrät er seine Vorbereitung auf ein Konzert vor über 100.000 Leuten: "Ich wache auf." Doch auch sein Songschreiberzwilling Jagger kann in der gleichen Liga der unermeßlichen Selbstsicherheit spielen. 1990 gähnt er ungeniert während einer 08/15-Einführung eines Tele5-Moderators und in einer anderen Szene veräppelt er eine japanische Moderatorin in den 80er Jahren: "Wie alt sind sie, Mister Jagger?" - "29. Ich bin gestern 29 geworden." - (sie kichert schrill) "Oh, dann sind sie ja genauso alt wie ich." - "Wunderbar." Unerreicht ist nebenbei auch die Einsilbigkeit des Schlagzeugers Charlie Watts. Und dabei fällt dann auch auf, daß Ron Wood, Mick Taylor, Bill Wyman, Brian Jones und Ian Stewart nicht wirklich in diesem Film auftauchen.


    (Für die Songs im einzelnen bitte in den Soundtrackthread kucken)


    Der Film ist komplett auf englisch. Jedes Gespräch wurde gegebenfalls mit deutschen Untertiteln belegt. Gut so, eine Synchronisation der Beteiligten hätte es höchstens schlechter machen können. Albern ist es natürlich, das böse f-Wort zu zensieren. Lustigerweise waren sie dabei nicht einmal konsequent, bei Just My Imagination durfte Mickyboy ungehindert das gefürchtete "fuck" in das Lied einbauen, während seine beiden Wortmeldungen "Buddy motherfucker Guy" und "you're a fucking great audience" einfach lautlos gedreht wurden.


    Die Stones gefallen mir in Shine A Light sehr gut. Das aufregende Konzertgefühl stellte sich bei mir nach wenigen Momenten ein, als Ausschnitte der Tournee gezeigt wurden und man die B-Stage durch das Publikum fahren sah. Die Songauswahl bietet viele seltene Genüsse, die Band ist gut drauf und Mick Jagger ist der Frontmann schlechthin. Pausenlos beackert er das Publikum mit ausladenden Armbewegungen und tausenden Tanzschritten. Ein gefundenes Fressen für die Kameras ist es, wenn er mit Anlauf auf den Bühnenteil zurast, der in den Zuschauerraum hineinragt. Shattered, She Was Hot, All Down The Line, Loving Cup, As Tears Go By, Some Girls, Far Away Eyes, You Got The Silver, Connection und Shine A Light sind vorher nie auf einem offiziellen Videofilm aufgetaucht. Nach dem Ansehen kann man nur sagen: Das wurde mal Zeit! Ein Knaller war die Auswahl der Bluesnummer Champagne & Reefer, die durch die Hereinnahme von Buddy Guy zu besonderem Glanz kommt.


    Kritikpunkte habe ich aber auch. Die Fokussierung der Kamera auf Jaggers doppelte Wangenfalte läßt viele Chancen aus, die Stones ohne Schnickschnack mal so richtig schön ins Bild zu setzen. Auch traute sich Scorsese nicht, sich vom gewöhnlichen hektischen Schnitt eines Musikvideos zu lösen. Ich hätte mich auf vier Kameras beschränkt. Grundsätzlich eine totale Ansicht der Bühne gehabt und für besondere Momente (Gesten, Gitarrensoli, Trommelwirbel) die Großaufnahme gewählt. Sehr irritierend war der Klang im Kino, ich hielt schon die Lautsprecheranlage für kaputt. Es war stets nur das Instrument zu hören, das auch gerade im Bild war. Eine nette Spielerei, es ist aber eben auch ein gewagtes Unterfangen, die Stonesmucke in seine Einzelteile zu zerlegen. Besonders, wenn man schon von Keith im Interview erklärt bekommen hat, daß sie individuell gar nicht außergewöhnlich sind. Der Konzertrahmen mit Clintons Altherrengeburtstag, extra plazierten jungen Damen in der ersten Reihe und dem beinahe Ausschluß der Öffentlichkeit hinterläßt einen Beigeschmack. Ein jeder träumt von einem Clubgig der Band, und dann werden noch nicht einmal die Türen für die Fans aufgemacht.


    Aber eines kann man mit Gewißheit behaupten: Trotz der vielen Konzertvideos, die es von den Stones schon gibt, ist Shine A Light keine bloße Neuauflage. Es steht als Projekt eigenständig für sich. Die Stones finde ich hier klasse, und Scorsese hat seine Sache auch gut gemacht. Er wollte sich und seine Ideen einbringen, was immer Vor- und Nachteile hat. Einen Konzertbesuch ersetzt dieser Film auf keinen Fall. Es ist eine gelungene Ergänzung dazu.

    Les Trois Tetons in Oberhausen - ich war dabei

  • Ohne Schreibblockade wäre ich mindestens sechs Wochen früher fertig gewesen. Ich habe in der Zeit mindestens vier Mal versucht, was zu schreiben. Aber nur auf den leeren Texteditor gestarrt und den Soundtrack gehört. Auf CD oder als Ohrwurm :peinlich

    Les Trois Tetons in Oberhausen - ich war dabei

  • Ohne Schreibblockade wäre ich mindestens sechs Wochen früher fertig gewesen. Ich habe in der Zeit mindestens vier Mal versucht, was zu schreiben. Aber nur auf den leeren Texteditor gestarrt und den Soundtrack gehört. Auf CD oder als Ohrwurm :peinlich


    Ja, verstehe ich gut, ich sitze ebenfalls schon ein Weilchen dran, schreibe jetzt ein Soundtrack Review zur Japan CD.


    Aber Räume Dir mal bei beiden Reviews grad gute Chancen ein, ohne der Wahl vorgreifen zu wollen... :klatsch

    MICK69.JPGmetallica.ico

    Sweet Cousin Cocaine, lay your cool cool hand on my head...


  • SFM hat doch immer gepostet, wo der Film in Deutschland läuft. Würde ich gern mal aktuell wissen!
    Interessant ist bestimmt auch, ob der in Sommerkinos open air aufgeführt wird. Wäre halt Konzertatmosphäre!
    :guitar

  • Die Spielorte bekommst du über diesen Link raus:


    http://www.cineman.de/kinoprog…?radius=all&movie=id12398


    Aktuell läuft Shine a light noch hier:

    Berlin
    Casablanca 20:15
    Freiluftkino Friedrichshain 21:30
    Neue Kant - Kinos 22:15

    Chemnitz
    CineStar Luxor - Filmpalast OmU - 20:15

    Dresden
    Metropolis im Waldschlößchenarenal OmU - 22:00

    Göttingen
    Cinema 21:30

    Kiel
    Traum - Kino 22:15

    München
    Forumkinos 19:30

    Nürnberg
    Rio Palast 20:45

    Oberhausen
    Lichtburg - Filmpalast 20:00, 22:45

  • Die Rolling Stones landen im Grazer Landhaushof - zwar nur auf Leinwand im Musikfilm "Shine A Light", aber immerhin. Sozusagen "live" vom Server in Los Angeles.


    Es wird wahrscheinlich sein, als säße man selbst im Auditorium des New Yorker Beacon-Theatre: bei der Open-Air-Premiere von "Shine A Light", Martin Scorseses zauberhaft intimer Konzert-Studie über die Rolling Stones. Dass es das 2. Grazer Musikfilmfestival "Rockin' Movies" zur Eröffnung gleich einmal mit diesem genialen Konzertmitschnitt krachen lässt, gilt als Sensation. Mick Jagger und Co. haben Kopien nämlich strikt untersagt und die offizielle DVD soll erst Ende Juli in den Handel kommen.


    Server freigeschaltet. "Für uns im Landhaus wird der Server des Stones-Managements in Los Angeles für exakt zwei Stunden freigeschaltet", sagt Filmproduzent Rudi Dolezal, gemeinsam mit Konzertveranstalter Vojo Radkovic Leiter des vom Landeskulturreferat initiierten Musikfilmfestivals. "Wir müssen uns genau an die zeitliche Vorgabe halten, danach ist das Signal wieder weg, dann nützt uns auch unser Passwort nichts mehr."


    Weltpremieren. Die heurigen Höhepunkte: Bruce Springsteen mit "Rare Life", einem seltenen Club-Konzert-Mitschnitt vor 200 Besuchern. Dolezal: "Da habe ich ein bisschen meine Beziehungen spielen lassen." Weltpremiere Nummer zwei ist "Kick Ass - Live", Open-Air-Mitschnitte von Rock- und Indie-Bands; über die Leinwand fegen etwa Arctic Monkeys, Sigur Rós oder Maximo Park. "Nicht nur für langweilige Nostalgiker", schmunzelt Dolezal und spielt auf entsprechende Vorwürfe an.


    Bestes Musikvideo. Und mit dem "Rockin' Movies Award" wird erstmals das beste Musikvideo einer steirischen Band mit 3000 Euro prämiert - für die nächste Clip-Produktion.
    JULIA SCHAFFERHOFER


    http://www.kleinezeitung.at/na…n/kultur/1337628/index.do

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