2022 - Paris, Hippodrome de Longchamps, 23.07.2022

  • Paris, Hippodrome de Longchamps


    Keine Kritik, eher ein Erlebnisbericht. Zwei Dinge gleich mal vorab: Nein, Lady Gaga kam nicht auf die Bühne und ja, es war ein fantastischer Abend!


    Die Stones in Paris! Eigentlich sollte Paris das dritte Konzert meiner diesjährigen Rolling Stones Tour werden, nachdem Bern jedoch leider gestrichen werden musste, sehe ich die Stones nach dem Auftritt in München zum zweiten mal auf der Sixty Tour.


    Das 35. Konzert der Rolling Stones in Paris ist auch gleichzeitig das größte der Tour, ungefähr 100.000 Tickets sollen verkauft worden sein, andere Quellen sprechen von 50.000, die Wahrheit liegt vielleicht in der Mitte. Es waren gefühlt aber unglaublich viele Menschen vor Ort. Wir haben uns gegen 16:00h von unserem in der Nähe gelegenen Hotel zu Fuß auf den Weg gemacht und ich war erstaunt, wie viele Menschen da überall rumliefen. Ein riesiges Gelände mit einer ebenso riesigen Zeltstadt mit einer großen Auswahl an kulinarischem Allerlei, Bars mit Cocktails, Wein und Sekt, Bierbars, Saftstände, ein wirklich großes Angebot für Leib und Magen. Wer 2017 bei den Stones in Hamburg war, hat einen ungefähren Eindruck davon, in Paris war das aber nochmal ein bis zwei Klassen besser.


    Der Weg zum Eingang mäanderte und schlängelt sich durch den angrenzenden Wald und man sah während des rund einstündigen Anstehens und Gehens zum Haupteingang in massenhaft lächelnde Gesichter. Es war, als sei allen bewusst, dass man sich hier zu etwas ganz besonderem verabredet habe. Gefühlt kamen zwei Drittel der Konzertbesucher im Stones Shirt, es gibt wohl nur wenige Acts, bei denen das Bandshirt zu einem derart ikonischen Mode- und Style-Accessoir geworden ist. Erstaunlich: Da kommen 100.000 Menschen zu einem Konzert zusammen, und ich treffe zufällig mehrere Leute, die ich in München bereits kennengelernt habe und mit denen ich tags zuvor bei den Dirty Strangers war einfach so in der Schlange, am Bierstand oder sonst irgendwo auf diesem riesigen Gelände. Cool.


    Mit den Tickets für den Diamond Pit, kauft man sich ja quasi in den Front Of Stage Bereich ein. Ehrlicherweise muss man sagen, dass wir zwar ganz hervorragend Plätze mit nahezu perfekter Sicht und Top-Sound hatten, aber wirklich klein war der Bereich nicht. Und es war richtig voll. Trotzdem: Man ist, sobald man den Diamond Pit Bereich aufgesucht hat, sofort berauscht davon, wie nah man seinen Helden in wenigen Stunden sein wird. Vor allem eben viel Näher als mindestens 95% des gesamten Publikums.


    Über die Vorband kann ich - wie so oft - nicht viel sagen. Vorgruppen haben es bei den Stones ja im Grunde fast immer sehr schwer. Gestern hat Ayron Jones aus den USA es mal versucht. Seine Band scheint den Auftritt sehr genossen zu haben und Teile des Publikums waren offenbar ganz zufrieden. Ich war zufrieden, als sie endlich aufgehört haben.


    Angekündigt waren die Stones für 21:15h, auf die Bühne kamen sie dann ungefähr um 21:35h. Wie immer bei dieser Tour beginnt die Show mit Filmausschnitten von Charlie Watts, begleitet von großem Applaus. Natürlich. Der Pit kocht und dann kommen sie auf die Bühne. Street Fighting Man! Schon vom ersten Takt an ist klar, dass die Stones den 100.000 Fans heute wirklich etwas bieten wollen. Man hat beinahe das Gefühl, als übernehme sich Jagger bei den ersten Songs etwas. Er wirkt tatsächlich ein bisschen aus der Puste. Aber egal: als zweites kommt „19th Nervous Breakdown“ die Crowd singt dankbar mit. Mick begrüßt das Publikum und versucht sich an ein paar Nettigkeiten, natürlich auf Französisch. Er erwähnt, dass dies das 35. Konzert der Stones in Paris sei, das erste war 1964 im Olympia. Und Mick bedankt sich artig bei allen für’s Kommen. Weiter geht es mit „Tumblin’ Dice“, jetzt entert auch Keith zum ersten mal den Catwalk und die B-Stage, Ronnie gesellt sich dazu. Wir sind gerade beim dritten Song und schon ist klar, dass Keith heute einen der richtig guten Abend erwischt hat. Er spielt die ganze Zeit auf A-Game-Level, sehr inspiriert, hat richtig Bock und er grinst, lächelt und lacht den ganzen Abend, albert häufiger mit Mick rum, der sich wiederum sichtlich über den glänzend aufgelegten Keith freut.


    Das war mir übrigens schon in München aufgefallen: Auf ihre alten Tage scheinen Mick und Keith sehr froh darüber zu sein, dass sie einander haben. Oft tauschen die beiden miteinander Blicke aus, grinsen sich an, rocken gemeinsam die Bühne, klopfen sich auf die Schulter, umarmen sich und tauschen allerlei Buddy-Gesten aus. Das war ja auch mal anders. 1990 bei der Urban Jungle Tour hatte man ja nicht selten das Gefühl, dass Keith seinen Bandmate Mick den ganzen Abend über nicht eines Blickes gewürdigt hat. Und jetzt Kumpeln sie stundenlang. Da geht mir der Herz auf.


    Bei „Like a Rolling Stone“, welches die Zuschauer begeistert aufnehmen, habe ich einen Moment tatsächlich ein bisschen die Sorge, dass Jagger die Stimme versagen könnte. Es klingt, als habe er nicht richtig auf seine Atmung geachtet. Aber es geht alles gut. Dann „Out Of Time“, welches sich binnen kürzester Zeit zum enormen Crowd-Pleaser entwickelt hat. Toll. Und dann kommt das erste ganz ganz große Highlight, eine fabelhafte Version von „Wild Horses“, grandios gesungen, grandios von Keith und Ronnie begleitet. Das Publikum hört beinahe andächtig zu. Ich bin wirklich ergriffen.


    „You Can’t Alway Get What You Want“ funktioniert viel besser als in München, zum Ende der Tour hin ist die Band top eingespielt, das Band-Getriebe gut geölt. Und das hört man.

    „Living In A Ghost Town“ kommt sehr gut an, das Publikum singt begeistert mit und Mick leitet Zigtausende zu Chorgesängen an.


    Bei den Band Introductions vergisst Mick Jagger, Chuck Leavell vorzustellen (er holt dies aber später nach). Und dann Keith. Frisch umgezogen in einer Art College Jacke aus weißer Seide mit asiatischen Drachen drauf. Allerliebst. „You Got The Silver“! Keith auf der akustischen Gitarre, Ronnie spielt Slide. Keith strahlt und singt und strahlt und singt und strahlt und singt. Dann sagt auch Keith irgendwas auf Französisch, dann auf Englisch, dass er sich so freut, hier in Paris zu spielen und dass er so gut gelaunt und freudig sei, dass ihn die gute Laune ausmache und natürlich genau deshalb jetzt „Happy“ kommt. Ich habe Keith noch nie soviel am Stück auf der Bühne reden hören. Und Keith spielt und singt und strahlt. A-Level, durchgehend. Wie schön!


    „Miss You“ groovt schwer und dann kommt das zweite ganz große Highlight des Abends: „Midnight Rambler“, Ronnie und vor allem wieder Keith spielen sich höchst inspiriert die Bälle zu, ergänzen sich wunderbar mit Mick und bescheren mir den besten Rambler, den ich jemals live hören durfte.


    Das Zusammenspiel mit Steve Jordan hat sich in den letzten Wochen weiter verbessert, es klingt jetzt noch etwas runder. Aber ich bleibe dabei: Es gibt Songs, bei denen das Spiel von Steve Jordan ganz wunderbar zu den Songs passt (Miss You, Sympathy), bei anderen (Start Me Up, Paint it Black, Rambler) fehlt mir etwas, bzw. klingt es für meine Ohren gewöhnungsbedürftig. Aber Jordan ist ein sympathischer Typ, nimmt sich bescheiden zurück und ist sich der Bürde ganz offensichtlich sehr bewusst.


    Bei „Start Me Up“ wagt Ronnie ein irres, krachendes Solo. Das geht ja auch immer mal schief, hier passt es aber ganz ausgezeichnet. Das ist überhaupt das tolle an Keith und Ronnie: Die beiden sehen ja nicht im geringsten ein, bei den Songs jedes mal dasselbe Solo zu spielen, da wird bei nahezu jedem Konzert volles Risiko gegangen. Das kann dem Konzertabend prächtige, enorm intensive Momente bereiten, aber manchmal eben auch total schiefgehen. Egal, finde ich. Ich liebe es, wenn die Stones auch mal daneben holzen. Wäre es eine perfekte Show bei der alles exakt sitzt, würde ich zu Hause bleiben.


    Beim letzten Termin in Lyon haben die Stones - wohl recht spontan und der Hitze geschuldet - während des Konzerts entschieden, auf „Gimme Shelter“ zu verzichten. Natürlich war das auch hier in Paris unter den Rolling-Stones-Ultras ein Thema. Würde „Gimme Shelter“ den Weg zurück in die setlist finden? Und wenn ja, werden es wieder „nur“ 18 Songs - wie in Lyon - oder doch wieder 18 - wie auf den anderen Konzerten der aktuellen Tour? Alle Befürchtungen sollten sich als unbegründet herausstellen, „Gimme Shelter“ kam zurück auf die Bühne, war großartig und natürlich wurde das Konzert standesgemäß mit „Jumpin’ Jack Flash“, „Sympathy“ und „Satisfaction“ beendet. Zurück blieben überwältigte, glückliche und lächelnde Fans, wissend, bei einem ganz besonderem Moment dabei gewesen zu sein. Vielleicht zum letzten mal in Paris…


    Gestern war mein 19. Stones Konzert und es kommt locker in die Top 5 meiner liebsten Stones Konzerte ever.


    Nicht zu vergessen:

    Mit 14onFire habe ich gestern einen Stonestreffler getroffen. Beste Grüße ins Saarland, cool, Dich kennengelernt zu haben. In Erinnerung bleiben werden mir die vielen netten und lustigen Leute aus aller Herren Länder, die ich auf den Konzerten und auf Fanveranstaltungen drumherum kennengelernt habe. Und: Ich wusste gar nicht, dass die Franzosen so ein freundliches Volk sind, überall bin ich auf zuvorkommende und hilfsbereite Menschen getroffen, auch daran werde ich mich erinnern.

    23.05.1990: Hannover - 24.05.1990: Hannover - 
03.06.1990: Berlin
 - 13.08.1990: Berlin - 
22.06.1995: Hannover
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  • Er erwähnt, dass dies das 35. Konzert der Stones in Paris sei, das erste war 1964 im Olympia.

    Hmm da muss sich entweder Mick oder ich verzählt haben ... meinen Aufzeichnungen zufolge war es der 36. Gig in Paris :think

    Hier hatte ich ja meine Liste gepostet :arrowright: klick , welcher Gig muss denn da raus um auf 35 zu kommen

    Oder aber welcher Gig kommt hinzu, wenn man z.B. die Gigs nur einfach zählt die an einem Tag stattfanden (L'Olympia 66 & L'Olympia 67)


    Anyway, ansonsten eine astreine Review Stu :tumbup

    STONES FOREVER nankering_hsv_avatar.pngNankering


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  • Hmm da muss sich entweder Mick oder ich verzählt haben ... meinen Aufzeichnungen zufolge war es der 36. Gig in Paris :think

    Hier hatte ich ja meine Liste gepostet :arrowright: klick , welcher Gig muss denn da raus um auf 35 zu kommen

    Oder aber welcher Gig kommt hinzu, wenn man z.B. die Gigs nur einfach zählt die an einem Tag stattfanden (L'Olympia 66 & L'Olympia 67)


    Anyway, ansonsten eine astreine Review Stu :tumbup

    Offenstanden weiß ich das überhaupt nicht, Nankering. Ich habe bloß nachgeplappert, was Mick gestern auf der Bühne verkündet hat. Danke!

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  • Derartige "Schludrigkeiten" von Mick können nur

    passieren, weil er hier nur unregelmässig reinschaut ! :readit


    Die Stones wissen auch nicht alles über sich selbst ..... ;)

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    » Alle Tage sind zwar gleich lang, aber unterschiedlich breit . «
    ( Wolfgang Neuss )

  • Mick war so Charming gestern! Er hat sich wirklich alle Mühe gegeben, dem Publikum eine gute Show zu bieten. Und das ist ihm auch bestens gelungen. Wenn in einem Pit nicht wirklich ernsthaft mitgegangen wurde war Mick immer da und hat die Leute animiert und jeder, wirklich jeder inklusive mir hatte das Gefühl, dass Mick einen mindestens einmal ganz persönlich angeguckt hat. Und Keith und Ronnie haben jeder bestimmt ein Dutzend Plektren in die Menge gepfeffert. Ich hab' aber leider keines gefangen.

    23.05.1990: Hannover - 24.05.1990: Hannover - 
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  • Danke. Bin gerade am Gare de l‘Est. Le Parisien schreibt 50.000 Zuschauer. Keine Ahnung. Von der Tribüne aus hat man nur gesehen, dass eine undefinierbar große Menschenmenge da unten stand?! Wie soll man das abschätzen, wenn nicht über den Kartenverkauf. Bei iorr.org sind die Meinungen über den Auftritt übrigens ziemlich geteilt.


    Ich finde es interessant, dass offensichtlich die Wahrnehmung, wie ein Song im Publikum angekommen ist, sehr davon abhängt, wo man gestanden hat. Auf der Tribüne war „Ghost Town“ nicht so der Renner. Immerhin haben die meisten vom ersten Song an gestanden und getanzt und die Sicht war natürlich toll auf die Bühne.


    Axron Jones hat mich jetzt auch nicht so komplett vom Hocker gerissen. Ich meine, er kann singen und auch recht gut Gitarre spielen. Er müsste halt auch anständige Songs schreiben.

    Der Sound war ziemlich gut, aber das kann natürlich bei so einem großen Gelände auch sehr unterschiedlich ausfallen.


    Sasha Allen hat mir bei „Gimme Shelter“ nicht gefallen. Das war mehr geschrien als gesungen. Aber insgesamt war es gut.

    Paris, 13.6.14 ◆ Düsseldorf, 19.6.14 ◆ Paris, 23.7.22

  • Der Mono-Mix der "Grossen"-PA landet meistens

    dann "weiter hinten" - oder eben auf den Rängen.

    GANZ, GANZ VORNE haste eben den Stereo-Monitor

    Sound der Band selbst ;)

    Das kann gewaltige Quali-Unterschiede verursachen !


    So - und jezzt Finaaale TDF !

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    ( Wolfgang Neuss )